Father Shay Cullens Geschichte hinter dem Bild von Rosi
"Wie groß ist die Kraft der Kunst und der Vorstellung die Wahrheit des Lebens aufzudecken, den Geist zu erheben und Verstand und Herz für die menschliche Lage in Freud und Leid zu öffnen. Möge die inspirierende Kunst über die Kinder all denjenigen, die sie betrachten und verstehen, eine Veränderung bringen und sie bewegen, sich für Gerechtigkeit und Liebe einzusetzen."
Pater Shay Cullen, PREDA, 04. März 2015 über die Arbeiten von INK
2012 bat Fr. Shay Cullen die deutsche Künstlerin INK ein Portrait der kleinen Rosi zu zeichnen, die er 1983 als erstes Kind aus dem berüchtigten Gefängnis in Olongapo befreite.
Rosi war ein 6-jähriges Kind, das vor einigen Jahren im Ge-fängnis von Olongapo am Magsaysay Drive in der Polizeista-tion B inhaftiert war.
Während der Karwoche war ich vor damals eines Abends in der Innenstadt von Olongapo. Sie war bevölkert mit Sex-Touristen. Wie gewöhnlich liefen viele Straßenkinder herum, die ihre Hän-de ausstreckten, um von den ausländischen Sex-Touristen und US-Soldaten aus dem nahe gelegenen US-Mari-ne-Stützpunkt Geld zu erbetteln. Tausende von US-Soldaten kamen in die Gebiete der Sex-Industrie von Olongapo auf der Suche nach "Erholung und Entspannung".
Die Kinder waren ungeschützt, da Pädophile durch die Stra-ßen zogen, um sie heranzulocken und zu missbrauchen. Die Kinder waren immer hungrig und erbaten Geld von den Sex-Touristen um Essen zu kaufen. Die Stadt war damals unter der politischen Kontrolle der Gordon-Familie und Richard Gordon war Bürgermeister und Präsident des Philippinischen Roten Kreuzes. Jetzt ist er Senator.
Im Jahr 1983 deckte ich einen Kinder-Sex-Ring auf, in dem Dutzende von Straßenkinder sexuell vergewaltigt und missbraucht und mit Geschlechtskrankheiten in-fiziert wurden. Ein US-Soldat wurde als einer der vielen Verführer angeklagt. Er wurde in Guam vor Gericht gestellt, bekam aber nur eine geringe Strafe.
Die Stadt hatte nur eine Industrie; eine Quelle der Beschäftigung und das hieß Vergnügen für Sex-Touristen. Tausende von jungen Mädchen waren Opfer des Menschenhandels und an die Sex-Bars durch Schulden-Knechtschaft gebunden. Hunderte von Sex-Bars säumten die Straßen und sie arbeiteten mit der Genehmigung des Bürgermeisters.
Ich besuchte die Polizeistation B am Magsaysay Drive, weil viele Kinder dort wegen Bettelns um Essen eingesperrt waren. Es war die Aufgabe der PREDA Foundation, sie herauszuholen und in ein sicheres Zuhause zu bringen, um sie zu schützen und zu retten und ihnen einen Neuanfang zu ermöglichen oder sie mit ihren Eltern zu versöhnen, vorausgesetzt wir konnten sie finden.
Damals wie heute kämpfen wir darum das Einsperren von Minderjährigen zu stoppen, da es illegal ist. Aber die Polizei und die Stadtverwaltung standen über dem Gesetz. Mein Ziel in dieser Nacht war es nach verlassenen Straßenkindern zu suchen, um sie zu befreien und sie in einen sicheren Hafen zu brin-gen.
Ich ging zur Polizeistation B und begrüßte den diensthabenden Polizeibeamten hinter seinem Schreib-tisch und fragte ihn, ob es Kinder gebe, die inhaftiert seien. Er sagte ja. Also ging ich zu den Zellen und hörte ein Kind weinen. Ich ging in eine Zelle und war ich schockiert, als ich ein kleines 6-jähriges Kind sah, das in einer Hand eine Softdrink-Büchse hielt. Es weinte herzerweichend: "Mama, ich will zu meiner Mama, Mama komm mich holen". Es würde dir das Herz brechen, wenn du sie gesehen hättest.
Ich fand etwa acht weitere Straßenkinder zwischen 6 und 12 Jahre alt in dieser schmutzigen Zelle, die meisten schliefen auf dem schmutzigen Steinboden. Ein paar Meter weiter in der gegenüberliegen-den Zelle war ein halbnackter Mann eingesperrt, so nah, dass er fast das Kind anfassen konnte. Rosi hatte Angst vor ihm.
Ich war schockiert, als ich die Kinder sah und Rosi weinte, Tränen strömten über ihr Gesicht. Sie wur-de wie ein Verbrecher hinter die eisernen Stäbe der schrecklichen, stinkenden leeren Zelle gezwungen. Ich war darüber so wütend, dass ich sofort meine Kamera nahm und Rosi fotografierte um es als Beweis für ein Verbrechen, begangen an Kindern, zu verwenden.
(Anmerkung: dieses Bild diente INK als Vorlage für ihr Portrait von Rosi)
Ich ging sofort zu den diensthabenden Polizisten und forderte sie auf, unverzüglich die Kinder zu entlassen und meinen Sozialarbeitern zu übergeben, da die Kinder durch die Behandlung wie Kriminelle traumatisiert seien, und es sei eine Verletzung der Kinderrechte, in einer Gefängniszelle eingesperrt zu sein.
Sie schienen überrascht zu sein, als ob sie das nicht gewusst hätten. Ich riet ihnen, die Kinderbe-treuungsstelle anzurufen, um die Kinder zu empfangen. Dann, nach fast einer Stunde, kam eine Polizei-Pickup mit einem Drahtkäfig auf der Ladefläche zur Polizeistation B und die Kinder wurden freigelassen und in den Käfig gesteckt. Ich kümmerte mich darum, dass sie sicher in die Kinderbetreuungsstätte gebracht wurden, wo sie Essen und Schutz bekamen.
Später fand ich heraus, dass Julia, Rosis Mutter, eine sehr arme Straßenhändlerin war, die durch den Verkauf von Erdnüssen an die Passanten ihr Überleben sicherte. Rosi war bei ihr. Ein korrupter lokaler Regierungsbeamter, ein "Tanod" oder Straßenwächter, zwang alle Verkäufer ihm eine Gebühr zu bezah-len, um informell auf den Straßen ihre Waren verkaufen zu dürfen. Weil Julia, Rosis Mutter, nicht be-zahlen konnte, da sie nur wenig Geld verdiente, verhaftete der "Tanod" ihr Kind Rosi und sperrte sie in die Polizeizelle ein, bis Julia bezahlen und sie freikaufen konnte. Es war ein Erpresser, unter dem die armen Verkäufer zu leiden hatten.
Julia gelang es, sich das Geld zu leihen um Rosi auszulösen. In der Polizeistation wurde ihr gesagt, dass Rosi im Kinderbetreuungszentrum sei.
Das ist also die Geschichte hinter der Photographie von Rosi, die hinter den Gitterstäben die rote Softdrink Büchse in ihrer Hand hält.